Das Vertrauen verloren und die Risiken nicht unter Kontrolle

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    Der Diesel-Skandal von Volkswagen hat das Vertrauen der Konsumenten tief erschüttert – die Kartell-Vorwürfe gegen die führenden Automobil-Hersteller gehen nochmals einen bedeutenden Schritt weiter.

    Vertrauen und Marke

    Es war Mitte der 1990er Jahre, als die Deutsche Bank mit dem Slogan „Vertrauen ist Anfang von allem“ geworben hat. In der Tat sind Geldgeschäfte eine Sache von Vertrauen. Was für ein wunderbarer Slogan. Welche große Aussagekraft hat solch ein Slogan, wenn er vom gesamten Unternehmen gelebt wird – von oben nach unten und zurück. So werden aus Kunden, Partner, Lieferanten und Mitarbeiter Fans einer Marke. Als Folge entsteht eine loyale Geschäftsbeziehung. Mit loyalen Fans geht man offen, respektvoll und vor allem vertrauensvoll um. Unternehmen können sich glücklich schätzen, wenn sie über loyale Fans verfügen. Aber der Wert Vertrauen ist eine extrem sensible Pflanze, die gut gepflegt werden will. Es dauert sehr lange, bis sie wächst. Hingegen geht es sehr schnell sie zu zerstören.

    Theorie und Praxis

    Zwanzig Jahre später ist von dem vertrauensvollen Ideal der Deutschen Bank nichts übrig geblieben. Die Geschichte ist bekannt – die Bank ist einem Meer an Rechtsstreitigkeiten versumpft und präsentiert sich als gieriges, skrupelloses und korruptes Unternehmen. Wie schön, wenn es sich nur um einen deutschen Einzelfall handeln würde. Aber die Deutsche Bank ist neben Siemens und anderen Unternehmen und Branchen leider kein Einzelfall.

    Automobile Kernschmelze

    Nun haben auch Volkwagen, Audi, BMW und Daimler das Niveau der Deutschen Bank erreicht. Seit dem Bekanntwerden eines möglichen Auto-Kartells ist die automobile Kernschmelze in vollem Gange. „Es scheint, als finden die schlechten Nachrichten über das schlechte Benehmen der Industrie kein Ende“, sagt dazu Jürgen Pieper, Analyst beim Bankhaus Metzler. Daniel Stelter, Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“, geht einen Schritt weiter und stellt fest „Dieselskandal und Kartellabsprachen sind nur Symptome für eine viel tiefer gehende Krise. Eine Existenzkrise für Deutschlands Vorzeigebranche, an der nicht nur direkt und indirekt Millionen von Arbeitsplätzen hängen, sondern der Wohlstand der ganzen Nation.“ An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob die Wirtschaft in der heutigen Zeit nur noch mit Lug und Trug sowie Manipulation funktioniert. Sind Vertrauen, Respekt und Loyalität Werte aus einer veralteten Zeit? Sind diese Werte in der digitalen Welt überholt?

    Risikomanagement ade

    Die vielen Fälle in der Wirtschaft sind für das Ansehen in der Bundesrepublik Deutschland in der Welt ein Drama. Schaut man sich alles in Summe an, dann sind wir in Bezug auf das Verhalten der Unternehmen, Politik und Verbände nicht wirklich weit weg von Ländern, die wir schnell als Bananenrepublik abstempeln. Aber wie kann es nur soweit kommen? 2002 gab es die Bilanzierungs-Skandale von Worldcom und Enron in den USA. Seit dem gab es unendliche Anstrengungen in den Unternehmen, Unternehmens-Prozesse und Geschäfts-Entscheidungen transparent und nachvollziehbar zu machen.

    Wir haben in Deutschland einen Corporate Governance Index für börsennotierte Unternehmen. Dieser gibt Leitlinien für eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung vor. Es macht leider den Eindruck, dass die Leitlinien nicht das Papier wert sind, auf denen sie ausgedruckt sind. Risikomanangement-System und die Funktion des Aufsichtsrats üben eine überwachende Funktion aus. Wie um alles in der Welt kann es sein, dass alle Gremien und Kontrollinstrumente ausgehebelt wurden? An dieser Stelle sei die Frage der Wirksamkeit der Systeme kritisch hinterfragt.

    Blick nach vorne

    Ab jetzt darf alles passieren – nur nicht, dass wir so weitermachen wie bisher. Die jüngsten Fälle in der Automobil-Industrie müssen sauber aufgearbeitet werden. Welche Schäden auf die Unternehmen in welchem Umfang zukommen, steht völlig in den Sternen. Aber man muss kein Prophet sein, dass es gravierende Einschnitte sein werden. Dennoch ist jede Krise ist eine Chance – wenn man sie als solche versteht. Es wird lange dauern, verlorenes Vertrauen der Konsumenten zurückzugewinnen. Matthias Wissmann, Präsident vom Verband der Automobil-Industrie (VDA) ruft in diesem Zusammenhang zu einer „kulturellen Neudefinition“ und „mehr Selbstreflexion“ auf. Wir werden sehen, ob die Konzernlenker den Knall gehört und vor allem verstanden haben.

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    Der Diesel-Skandal von VW hat das Vertrauen der Kunden erschüttert – die Kartell-Vorwürfe gegen die Auto-Hersteller gehen einen deutlichen Schritt weiter.
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    //Analyst//Blogger//Keynote Speaker// zu den Fokusthemen #Industrie40, #IoT und #Digitalisierung. Herzlich willkommen auf meinem Ingenieurversteher-Blog. Hier schreibt ein echter, aber nicht ein typischer Ingenieur. Nach einer soliden Ausbildung bei Siemens zum Feinmechaniker habe ich das Abitur nachgeholt und Maschinenbau studiert. Der Schwerpunkt Informatik im Hauptstudium war wohl der ausschlaggebende Grund, dass es mich in die Software-Industrie gezogen hat wo ich heute noch immer aktiv unterwegs bin. Für die Funktionen Vertrieb, Marketing und Produktmanagement habe ich mich meine Leidenschaft entdeckt – sicherlich nicht immer typisch für einen Ingenieur. Im Rahmen meiner Diplomarbeit haben mich Themen wie „Computer Integrated Manufacturing (CIM)“ beschäftigt. Viele Aspekte sind davon heute umgesetzt. Mit der Digitalisierung unserer Gesellschaft allgemein sowie dem Einzug des Internets in die Produktion stehen wir vor großen Herausforderungen, die uns langfristig intensiv beschäftigen werden. Der klassische Ingenieur wird nun mit völlig neuen Themengebieten konfrontiert. Das war u.a. die Motivation für diesen Blog, die Themenbereiche Industrie 4.0 und Digitalisierung aufzugreifen und regelmäßig darüber zu schreiben – leicht verständlich und nicht technisch tief. Gerade aus diesem Zusammenhang hat sich die Marke „Ingenieurversteher“ entwickelt. Ingenieure sind in der Regel Künstler mit einem sehr tiefen technischen Verständnis. Oft sind sie allerdings nicht in der Lage, technisch komplexe Zusammenhänge leicht verständlich einer Zielgruppe zu vermitteln, die nicht über dieses tiefe technische Wissen verfügt. Um Ideen und Innovationen zu vermarkten, müssen diese in eine leicht verständliche Sprache übersetzt werden. Mit einer Vorliebe für analytisches und strukturiertes Recherchieren , der Leidenschaft für das Schreiben und der Freude am Präsentieren ist die Idee vom „Ingenieurversteher“ entstanden.