Innovationen und Ingenieure bei Continental (Interview)

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    In dem nachfolgenden Interview nimmt Dr. Oliver Maiwald, Leiter Technology & Innovation Division Powertrain bei Continental, Stellung zum Thema Innovationen und Ingenieure bei Continental.

    Die Ingenieure von Continental sind vor kurzem positiv mit einer universellen Lademöglichkeit aufgefallen. Ein Baustein das schleppende Thema Elektroauto in Deutschland anzustoßen?

    Genau richtig. Reichweitenangst und Lademöglichkeiten sind gemäß Umfragen wesentliche Verhinderungsargumente, wenn es um das Kaufverhalten von Elektrofahrzeugen (Electric Vehicle/EV) geht. Continental bietet mit „AllCharge“ eine Lösung für maximales Laden an jeder Ladesäule.

    Ingenieure sind technisch hochbegabte und nach Perfektion strebende Künstler. Auch bei Continental?

    Natürlich. Das zeichnet ein weltweit agierendes und erfolgreiches Technologie-Unternehmen wie Continental doch aus. Gerade die Perfektion ist in der Automobilindustrie enorm wichtig. Es geht um die Entwicklung und Produktion von komplexen mechatronischen und elektrischen Systemen in höchster Qualität  – und das millionenfach. Streben nach Perfektion ist hier Voraussetzung!

    Wie sieht Ihr Vorgehen bei Continental aus, Innovationen zu generieren?

    Wir nutzen als Unternehmen alle verfügbaren Quellen, abhängig vom Themenumfeld und von der Innovationsstrategie im betrachteten Geschäftsbereich. Das beinhaltet das klassische Einsammeln von Ideen in Workshops bzw. in internen sog. „Challenges“ im Continental Intranet, aber auch „Open Innovation“- Ausschreibungen in externen Plattformen. Über das sog. „Scouting“ lassen wir uns aus anderen Industriebereichen oder Forschungseinrichtungen und Hochschulen inspirieren. Die Bewertungen werden in einer internen Datenbank gebündelt. Über studentische Arbeiten, Kooperationen mit Hochschulen etc. generieren wir erste Konzeptvorschläge basierend auf vielversprechenden Ideen. Gemäß unserer internen Definition „Innovation = Invention + Market Success“ wissen die Mitarbeiter, dass für eine Innovation neben der guten Idee auch der Markterfolg entscheidend ist.

    Sind die deutschen Ingenieure gut auf die Zukunft vorbereitet? Muss sich was ändern?

    Wir erleben eine starke Veränderung der Automobilindustrie in den kommenden Jahren. Das hat auch Auswirkung auf die Anforderung der Ingenieure. In der Vorentwicklung beschäftigen wir uns mit der Zukunft und leiten Anforderungen an die Kompetenzen der Ingenieure ab. Bereits die Elektrifizierung des Antriebstrangs offeriert neue Möglichkeiten aus dem Zusammenspiel zwischen Verbrennungsmotor und Elektromaschine. Das gilt es erst einmal zu verstehen und zu entwickeln, insbesondere die Abhängigkeiten auf der elektrischen Seite. Neue Ansätze für eine emissionsreduzierte und verbrauchsoptimierte Fahrstrategie gepaart auch mit neuen Wegen, die sich aus der Fahrzeugvernetzung ergeben, vergrößern den Handlungsspielraum. Die Mitarbeiter müssen sich diesen neuen Freiheitsgraden und Parametern stellen.

    Der klassische Verbrennungs­entwickler muss sich auch mit der Technik der Elektrifizierung beschäftigen. Aber ist dies nicht auch herausfordernd und motivierend zugleich? Auch der Bereich Elektromobilität entwickelt sich weiter. Hier spielt der Systemgedanke eine enorme Wichtigkeit. Ganzheitliches Denken und Handeln für ein optimales und kostenfokussiertes Ergebnis. Auch Systeme unter Einbeziehung von cloudbasierten und auf Applied Data und KI-Ansätzen aufbauenden Regelungsmodellen werden ganz sicher an Bedeutung gewinnen. Da gilt es auch dies als Chance zur Optimierung anzunehmen. Aber auch, wie wir Dinge entwickeln wird sich verändern. Agile Entwicklung in internationalen Teams als Beispiel. Eine wirklich tolle und spannende Zukunft für Ingenieure.

    Continental kann deutlich mehr als Reifen produzieren. Wie sieht Ihr Angebot im Bereich Elektromobilität aus?

    Wir decken das gesamte Leistungsspektrum der E-Mobilität ab:

    • angefangen von intelligenten Ladetechnologien über
    • den elektrischen Antrieb (E-Motor und Leistungselektronik),
    • Getrieberegelung,
    • Bremsen,
    • Thermomanagement,
    • Sensorik und Aktuatorik,
    • SW basierte Regelungs-/Steuerungsfunktionen,
    • Elektronik (ECU),
    • ADAS,
    • Leichtbaumaterialien bis hin zum
    • Thema Konnektivität.

    Dies sind nur einige der wesentlichen Beispiele von Continental. In jedem EV heute und in Zukunft finden Sie wesentliche Bestandteile von Continental.

    Was sagen Sie allgemein zum Thema Elektroauto in Deutschland? Sind wir auf einem guten Weg? Oder verschlafen wir gerade den Trend?

    Ein Markt basiert doch immer auf dem gleichen Prinzip von Angebot und Nachfrage. Offensichtlich ist das Angebot für den Endverbraucher noch nicht attraktiv genug, um sich in Größenordnung für ein EV zu entscheiden.

    • Nach unserer Einschätzung sind neben den allgemeinen Kosten aber noch Hausaufgaben im Bereich
    • der Ladetechnologien und -flexibilität,
    • Effizienz und
    • Batterietechnik

    zu erledigen. An allen vier Schwerpunkten arbeiten wir im Unternehmen intensiv.

    Seitens der Bundesregierung war die Kaufprämie ein Schritt, um das Thema Elektroauto anzukurbeln. Reicht das aus? Was fehlt?

    Eine Kaufprämie stellt immer nur einen (kurzfristigen) Anreiz dar. Ein nachhaltiger Markt kann und darf aber nicht auf dieser Grundlage aufbauen. Von daher muss die Branche mit vereinten Kräften daran arbeiten, dass Elektroauto attraktiv für den Endverbraucher zu machen. Das schließt die Kosten natürlich mit ein. Wir als Technologie-Unternehmen arbeiten an zielführenden Lösungen.

    Neben TESLA in den USA geben auch die Chinesen Vollgas beim Thema Elektroauto. Wird die Autonation Deutschland gerade von den Amerikanern und Chinesen abgehängt?

    Neue Mitspieler beleben den Markt und das ist gut so. Aber die Autonation Deutschland darf auch auf deren Stärken vertrauen. Neben erfolgreichen  Fahrzeugherstellern haben wir eine gut funktionierende, global agierende und innovative Zulieferindustrie. Darauf können wir aufbauen, dürfen aber nicht stehen bleiben. Die Herausforderungen sind groß und Continental stellt sich den Aufgaben – und das weltweit.

    Mit der Gigafactory baut TESLA seine eigene Batterie-Fabrik, um den Bedarf von morgen und übermorgen zu befriedigen. Benötigen wir in Deutschland ebenfalls eine Batteriefabrik?

    Wenn man sich die angekündigten Elektrofahrzeuge der Hersteller summiert ansieht, dann sprechen wir nicht über eine Batteriefabrik, sondern über eine Anzahl im mittleren zweistelligen Bereich. Eine Batterieproduktion erfordert einen sehr hohen Energiebedarf. Ein Business Case in Deutschland ist mit der Preissituation für elektrische Energie angespannt. Auf der anderen Seite ist eine Batterieproduktion auch hochgradig automatisiert. Was würden wir als Nation verlieren, wenn die Produktion im Ausland stattfinden würde? Grundsätzlich ist das Thema Batterieherstellung ein sehr heikles Thema. Wer zu früh kommt, verliert Milliarden. Wer zu spät kommt, verliert den Markt!

    In Deutschland diskutieren wir unter anderem über die Ladestellen-Infrastruktur. In dieser Zeit hat TESLA sein Ladestellen europaweit aufgestellt. Bereitet Ihnen das Sorge? Sind wir einfach zu langsam?

    Man darf mit Respekt die Bereitschaft von TESLA wertschätzen. TESLA hat das Thema Reichweitenangst und Einschränkungen beim Laden mit aller Konsequenz umgesetzt. Da hat TESLA wirkliche Pionierarbeit geleistet. Aber es darf nicht eine singuläre Lösung geben, wir benötigen Standards und vereinte Kräfte der Automobilindustrie. Gemeinsam zum Ziel!

    Woher kommt das zukünftige Volkselektroauto – aus Wolfsburg oder aus Kalifornien?

    Es kommt aus dem Land, welches es schafft ein Volks-Elektroauto attraktiv und zu bezahlbaren Preisen zu produzieren und zu vertreiben – und das in hohen Stückzahlen.

    Wie sieht Ihr Bild von Continental im Jahr 2022 aus?

    Mehr als 50 Mrd. € Umsatz dank weltweit erfolgreichem Wachstum, hochmotivierte Mitarbeiter die tolle marktgerechte Lösungen für die Trendthemen

    • Automatisiertes Fahren,
    • Konnektivität und
    • Elektrifizierung

    entwickeln.

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    Innovationen und Ingenieure bei Continental (Interview)
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    In dem nachfolgenden Interview nimmt Dr. Oliver Maiwald, Leiter Technology & Innovation Division Powertrain bei Continental, Stellung zum Thema Innovationen und Ingenieure bei Continental.
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    Ingenieurversteher
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    //Analyst//Blogger//Keynote Speaker// zu den Fokusthemen #Industrie40, #IoT und #Digitalisierung. Herzlich willkommen auf meinem Ingenieurversteher-Blog. Hier schreibt ein echter, aber nicht ein typischer Ingenieur. Nach einer soliden Ausbildung bei Siemens zum Feinmechaniker habe ich das Abitur nachgeholt und Maschinenbau studiert. Der Schwerpunkt Informatik im Hauptstudium war wohl der ausschlaggebende Grund, dass es mich in die Software-Industrie gezogen hat wo ich heute noch immer aktiv unterwegs bin. Für die Funktionen Vertrieb, Marketing und Produktmanagement habe ich mich meine Leidenschaft entdeckt – sicherlich nicht immer typisch für einen Ingenieur. Im Rahmen meiner Diplomarbeit haben mich Themen wie „Computer Integrated Manufacturing (CIM)“ beschäftigt. Viele Aspekte sind davon heute umgesetzt. Mit der Digitalisierung unserer Gesellschaft allgemein sowie dem Einzug des Internets in die Produktion stehen wir vor großen Herausforderungen, die uns langfristig intensiv beschäftigen werden. Der klassische Ingenieur wird nun mit völlig neuen Themengebieten konfrontiert. Das war u.a. die Motivation für diesen Blog, die Themenbereiche Industrie 4.0 und Digitalisierung aufzugreifen und regelmäßig darüber zu schreiben – leicht verständlich und nicht technisch tief. Gerade aus diesem Zusammenhang hat sich die Marke „Ingenieurversteher“ entwickelt. Ingenieure sind in der Regel Künstler mit einem sehr tiefen technischen Verständnis. Oft sind sie allerdings nicht in der Lage, technisch komplexe Zusammenhänge leicht verständlich einer Zielgruppe zu vermitteln, die nicht über dieses tiefe technische Wissen verfügt. Um Ideen und Innovationen zu vermarkten, müssen diese in eine leicht verständliche Sprache übersetzt werden. Mit einer Vorliebe für analytisches und strukturiertes Recherchieren , der Leidenschaft für das Schreiben und der Freude am Präsentieren ist die Idee vom „Ingenieurversteher“ entstanden.